Schützenverein  1898 Buchenberg e. V

Chronik Schützencompagnie

Chronik



der „Schützen-Compagnie Buchenberg von 1783“



Zur Vorgeschichte bis 1783


Buchenberg gehörte schon lange Zeit zum Fürststift Kempten, das sich langsam aus einem Kloster entwickelt hatte. Durch Schenkungen von Königin Hildegard (Ehefrau von Kaiser Karl d. Gr., verstorben 783) und ihrem Sohn Kaiser Ludwig dem Frommen stieg das Stift zu einem mächtigen Kleinstaat auf.

Am 25. Mai 1760, „abends 8 Uhr“, starb der Kemptener Fürstabt Engelbert Sürg von Syrgenstein (Burg Syrgenstein im Eglofser Tal) unerwartet an einem „Lungenbrand“ (= Lungenentzündung). In einem vom Kemptener Andreas Stadler gedruckten Bericht wird die äußerst prunkvolle Beisetzung beschrieben. Unter vielen anderen paradierte die Hof- und Leibwache des Fürstabts und eine „Zahlreiche Menge des Land-Ausschusses unter Commando ihres Officiers mit zur Trauer gerichteten Sponton-Fahnen / Spiel und Gewöhr“. Unter den Letzteren dürften sich sehr wahrscheinlich auch Schützen der „Buchenberger Schützen-Compagnie“ befunden haben.


Am 16. Juni 1760 wurde Honorius von Schreckenstein vom Konvent des Stifts zum Nachfolger gewählt. Fürstabt Honorius erließ 1761 eine neue Schützenordnung für das „Hoch-Fürstliche Stifft Kempten“. In der Einleitung zur 28 Punkte umfassenden Ordnung heißt es: „wirdet hierdurch jedermänniglich, besonders aber denen jenigen, so die Schieß-Stätt frequentieren wollen von Obrigkeits-wegen angewisen, kund und zuwissen gethan, welcher gestalten hin-künfftig auf allen Schießstätten folgende Ordnung gehallten, und bey Vermeidung ohnausbleibend-ernstlicher Bestraffung auf das genauiste observiret (= beachtet) werden solle / benanntlich / Zum ersten ...“ (vergl. die folgende Schützenordnung v. 1761).


Oben fünf Paragrafen aus der 28 Vorschriften umfassenden Schützenordnung des Fürststifts Kempten

Diese Schützenordnung von 1761 galt somit auch für die vermutlich schon damals existierende Schützen-Compagnie von Buchenberg und Umgebung. Im ersten Punkt ist festgelegt, dass „zur Unfallverhütung“ jährlich eine Messe in der Pfarrkirche gelesen werden musste. Dieser Messe mussten alle Schützen beiwohnen, sonst waren 6 Kreuzer Strafe fällig. Der zweite Punkt lautete, dass für Verstorbene der Schützen-Compagnie eine Sterbemesse zu lesen war.


Das Regelwerk befasst sich mit den Scheibengrößen und den Schießen um die üblichen „Herren-Förtel“, wozu Sach- oder Geldpreise der Herrschaft ausgesetzt waren, das sogenannte „Best“. Die sehr beliebten „Hochzeits- und Freyschießen“ wurden geregelt und vieles mehr (für die Schützen galt: Ohne Hochzeitsschießen keine Hochzeit!). Manche der fürstäbtlichen Anordnungen finden sich noch in den Stand- und

Sportordnungen unserer Tage.

Manches regt aber auch zum Schmunzeln an: „Wenn einer im Hauptschießen zwei Tragschuss nacheinander verfehlt, wird er zu den Jungfrau-Schützen verwiesen."


Mindestens einen Gulden Strafe musste zahlen, wer nicht zum Schießen erschien, und 6 Kreuzer waren fällig, wenn die Jahresmesse geschwänzt wurde. Sollte jemand „auf der Schießstatt freventlich schwören oder andere leichtfertige Reden und Taten verüben, der soll nicht allein von den Schützenmeistern mit 30 Kreuzern gestraft werden, sondern zugleich dem Direktorium namhaft gemacht werden, um nach diesen Dingen das Weitere verfügen zu können“.


Beim Punkt 7 wird auf die Verteilung der ausgesetzten Preise eingegangen (Text in jetzigem Deutsch): „Zur Auswertung sind zwei bis vier Schützen zuzuziehen, aber nicht solche, die das „Beste“ (den Hauptgewinn) haben werden, sie sind absolut ausgeschlossen. Solche oder jene, die sich selbst aufdrängen, werden ihres Gewinns verlustig. Ehe die Gewinne verteilt werden, soll der Schützenschreiber die Namen verlesen,

ob jemand eine Einrede habe oder nicht. Danach werden die Gewinne verteilt.“


Auf der Schießstätte waren Hader und Zwietracht verboten, und dort konnte festgenommen werden, wer ein Messer, einen Hirschfänger oder ähnliches zückte. Für ein solches Vergehen sollte der Bösewicht „exemplarisch abgestraft“ werden. Ferner war es keinem Schützen erlaubt, „mit geladenem Rohr zum oder vom Schießstand unterwegs zu sein, bei Strafe von 1 Gulden und 30 Kreuzern“. Wer aber unterwegs sogar schoss, musste „3 Thaler in die Schützenkasse“ berappen, damals eine horrende Summe.


1773 ordnete das Fürststift Kempten an, dass „in allen Dörfern, Flecken und Weilern Leute mit Gewehr und Hunden Nachtwache gegen Bettler, Hausierer, Deserteure und vagierende Weibspersonen halten“ müssen. Wer denkt hier nicht daran, dass dazu die Mitglieder der Schützen- und Musketierkompanien eingesetzt wurden?



Die „Musquetier-Corps“


Der Name Musketier stammt von der Feuerwaffe jener Schützen, der Muskete, einem Vorderladergewehr mit einem Rohr von knapp zwei Zentimetern Durchmesser. Aufgabe hiesiger „Bürgermilizen“ war die Landesverteidigung und Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung.


Im Fürststift Kempten gab es folgende Hierarchie der „Landmiliz“:


  1. Die Reuter (Reiter waren nur Großbauern mit mehr als 18 „Grundtwayden“ Besitz)

  2. Die Schützen (damalige Mittelschicht, Bauern mit 6 bis 18 „Grundtwayden“ Besitz)

  3. Die Musquetiere (Kleinbauern unter 6 „Grundtwayden“, Kleinhandwerker, Arbeiter).


Für Zugehörige der „ersten und dritten Klasse“ war auf Antrag ein freiwilliger Eintritt zu den Schützen möglich. Dieses führte dazu, dass es neben den Pflichtmitgliedern auch freiwillige Mitglieder der Schützenkompanien gab.


Im Fürststift Kempten waren um 1732 zwölf Kompanien Musketiere eingeteilt mit insgesamt 3006 Mann. Davon waren aber nur 1776 „zu Diensten“. Die 1. Compagnie war die „Leibcompagnie“. Für Buchenberg war die 10. Musquetier-Compagnie zuständig, deren Mitglieder aus den Pfarreien Buchenberg, Rechtis, Hellengerst, Waltenhofen, Martinszell und Memhölz stammten. „Oberlieutnant“ war „Jacob Mayr von

Wierlings“ (er wohnte im Gasthaus „Rößle“ in Wirlings). Zwei der sechs „Corporals“ waren „Friderich Widemann von Buchenberg“ sowie „Michael Buehmann von Eschach“. Die Kompanie bestand aus 295 Mann, wovon aber nur 167 als „dienstbahr“ galten (128 Mann hatten also eine Befreiung).


Im „Kreüzthaal“ (Kreuzthal) gab es die 11. Compagnie mit 73 „Dienstbahren“. Als „Unterlieutnant“ ist „Anton Röckh aus dem Eschacherthaal“, als „Feldwebl“ ist „Johann Lorenz aus dem Kreüzthaal“ verzeichnet.


Schießstände waren in Buchenberg, Waltenhofen, Martinszell und Memhölz. Somit mussten die Rechtiser und die Hellengerster auf dem Buchenberger Stand schießen (Weitnau war damals österreichisch).


Für die Einteilung der Schützen im Gebiet des Stiftes Kempten gibt es leider keine Unterlagen im Staatsarchiv Augsburg. In einem weiteren Schriftstück um 1732 werden etwa 2000 Schützen für das Fürststift Kempten angegeben. Es bestanden neun Kompanien. Somit kann angenommen werden, dass die Einteilung ähnlich den vorgenannten „Musquetier-Corps“ erfolgt war. Eine enge Zuordnung nach Gemeinden bzw. Pfarreien ist sehr wahrscheinlich. Aufgrund der Einträge in den „Verkündbüchern“ (Kirchenbücher) der Pfarrei Buchenberg ist gesichert, dass die hiesige Schützenkompanie sich nur aus Männern der Gemeinde Buchenberg (damals ohne Kreuzthal) beziehungsweise aus der Pfarrei Buchenberg rekrutierte.

Nach dem Geschichtsforscher Rottenkolber gab es um 1800 im Stift Kempten vier Kompanien Reiter,

neun Kompanien Schützen und 13 Kompanien Musketiere (eine Quelle nennt Rottenkolber nicht).



Die „Schützen-Compagnie Buchenberg“ von 1783


Zu Ostern 1997 fand Buchenbergs Pfarrer Herbert Loska beim Nachschlagen im ältesten vorliegenden sog. „Verkündbuch“ der Pfarrei zufällig einen Eintrag vom 18. Mai 1783.


An diesem Tag ließ „die löbliche Schützen-Compagnie“ eine Jahres-Messe lesen. Das war als quasi „Unfallversicherung“ in der damals gültigen stiftkemptischen Schützenordnung von 1761 in Paragraf 1 zwingend vorgeschrieben (siehe Abbildung der Schützenordnung oben: „Zum ersten ergehet der gemeßene Befelch, daß zu Verhütung besorglichen Unglücks all-Jährlichen eine Heil. Meß …“). In den „Verkündbüchern“ wurde schriftlich festgehalten, was der Pfarrer den Gläubigen am Ende des Gottesdienstes verkündete, also allen Kirchgängern bekannt gab.


Zum 19. Juni 1783 existiert folgender Eintrag anlässlich des Fronleichnamfestes:


„Donnerstag das hohe Fest des Hl. Fronleichnams Jesu Christi Gebottner Feyrtag. An diesem Tag wird um – Uhr (*1) das Amt, nachselbem der Grosse Umgang gehalten werden: werden also 1mo (*2) die Löbl. Filialen Wierlings und Eschach ermahnt, dass sie beyzeiten vor dem Amt mit Creuz und Fahnen processionsweis eintreffen, 2do also auch andre Gemeinden, und einzelne Häuser sollen in Ordnung und unter lautem Gebett in der Pfarrkirche eintreffen, und so auch unter Läutung der Glocken wieder ausziehen. 3tio werden die Löbl. (*3) Compagnie gebetten und ersucht, sie möchten in ihren gewöhnlichen Uniformen (*4), und mit ihren Gewöhren erscheinen, die Procession helffen zieren (*5) und bey iedem Evangelio Salve geben: die Patronen werden ihnen schon gegeben werden, 4to bittet man auch die 4 Reütter (*6), dass sie in ihrer Montur mit unter und ober Gewöhr (*7) erscheinen und neben dem Hochwürdigen Gut (*8) hergehen möchten, es können aber die Reütter ihre Söhn oder Knecht schicken, mit der Montur bekleidet. 5to alle übrigen werden ermahnt, mit lebendigem Glauben beyzuwohnen, und mit voller Hoffnung und innbrünstiger Liebe ihr Gebett dem lebendig gegenwärtigen Gott zuzuschicken.“


Anmerkungen zum obigen Text: Pfarrer war Johann de Deo Greiff.

*1: Die Eintragung der Uhrzeit fehlt, da der Eintrag schon im Voraus geschrieben worden sein dürfte

*2: lateinisch 1mo = primo (1.); 2do = secundo (2.); 3tio = tertio (3.); 4to = quarto (4.) usw. ...

*3: der Schreiber ließ den Platz frei, wohl zum Nachtrag von „Schützen“ Compagnie. Die große Lücke

       könnte eventuell auch für „Schützen und Musquetier“ Compagnie frei gelassen worden sein)

*4: im Sinne von: „in ihren üblichen Uniformen“

*5: im Sinne von: „verschönern“, „einen schönen Rahmen abgeben“

*6: Reütter = Reiter (reiche Bauern hatten Pferde und waren daher bei den Reitern)

*7: unter und ober Gewöhr = Säbel und Gewehr bzw. hier eher Säbel und Pistole

*8: Hochwürdiges Gut = Monstranz mit der Hostie


Hiermit konnte erstmals aktenkundig nachgewiesen werden, dass in Buchenberg schon anno 1783 eine bestens „funktionierende“ Schützenkompanie bestand – vermutlich aber bereits viel früher!


Am 15. April 1792 fand die feierliche Grundsteinlegung für die neue Buchenberger Pfarrkirche St. Magnus und zugleich die Einweihung des neuen Gottesackers statt. Der Kemptener Fürstabt und Bauherr Rupert von Neuenstein kam dazu persönlich nach Buchenberg und so machte sich Pfarrer Anton Donat Kramer Sorgen um den organisatorischen Ablauf. Er verkündete deshalb:


„Die Reütter (Reiter) werden um die höchste Person des Landesvatters (= Fürstabt Rupert von Neuenstein), die Schützen aber auf dem Frythof (Friedhof) und (bei der) Prozeßion die Ordnung zu erhalten trachten. Ich hoffe, daß ihr euch alle bei diesen wichtigen Handlungen ehrbar betragen werdet“.


Bereits am 2. August 1793 fand die große Einweihung der neu erbauten Pfarrkirche St. Magnus statt. Die „Ordnungskräfte“ wurden vom Pfarrherrn Anton Donat Kramer erneut dazu aufgerufen, dieses große Fest zu leiten. Dazu existiert folgender Eintrag im Verkündbuch: „Am Freytag (*1) wird die Pfarrkirche, am Samstag aber die Georgikapell (*2) eingeweyht (*3). An beiden Tagen wird das Hl. Sakrament der Firmung erteilt, wobey die Musquetiere (*4) und Schützen (*4) die Ordnung unter dem Volcke (*5), die Reitter (*4) aber in dem Chor erhalten werden.“


Anmerkungen zum obigen Text:

*1: Freytag = Freitag, der 2. August 1793

*2: St. Georgskapelle am westlichen Ortsrand Buchenbergs, erbaut 1461 zur Erinnerung an die Schlacht von Buchenberg am 17. März 1460,     Einweihung am Samstag, 3. August 1793

*3: eingeweyth = eingeweiht

*4: Die Einteilung der stiftkemptischen Landmiliz bestand in folgender Hierarchie:

     1. die Reiter (reiche Bauern, beachte hier die bevorzugte Stellung im Chor)

     2. die Schützen (damalige Mittelschicht, Bauern, Handwerker)

     3. die Musketiere (Kleinbauern, kleine Handwerker, Arbeiter)

*5: Volcke = Volk


Die Schützenkompanie Buchenberg ließ jedes Jahr, so auch 1796, am 3. Sonntag nach Pfingsten, ihre Jahresmesse für die Toten der Kompanie lesen und so heißt es im Verkündbuch:


„Unter der Lytanej (*1) wird das Marianische opfer (*2) abgelegt (*3) unter dem Ambt (*4) aber gehalten der Jahrtag der Verstorbenen auß der löblichen Schützen Compagnie.“


Anmerkungen:

*1: d.h. Während der Litanei …

*2: das Marianische opfer = das Opfer der Rosenkranz-Bruderschaft (gegr. 28. Sept. 1659)

*3: d.h. „gespendet“, „gegeben“

*4: d.h. Während des Gottesdienstes


Archivrat Dr. Gerhard Immler vom Staatsarchiv in Augsburg meint, dass die fürstäbtlichen Schützen- Compagnien anlässlich der Säkularisation 1802/03 den ersten „Todesstoß“ erhielten, und bei den Tiroler, Vorarlberger und Allgäuer Freiheitskämpfen ab 1809 den zweiten und entscheidenden. Stehende Heere und die Gendarmerie (Polizei) übernahmen immer mehr deren Aufgaben.


Am 26. Juli 1812 rief der Buchenberger Pfarrer Johann Christian Unold zu Leinwand-Spenden für die Lazarette auf. Offenbar brauchte man dort dringend Verbandsmaterial für die Soldaten. Waren auch Buchenberger darunter? Wir können es aus folgendem Schlusssatz vermuten: „Die Liebe für unsere im Felde streitenden Kinder und Brüder, und die Liebe zur leidenden Menschheit überhaupt läßt uns hoffen, daß

Jedermann willig leisten wird, was er kann.“


Hintergrund war der Feldzug Napoleons gegen Russland mit der aus Franzosen, Deutschen, Schweizern, Österreichern, Italienern und anderen vereinigten „Großen Armee“ von zusammen 670.000 Mann. Bayern musste 28.000 Mann zu Fuß und 5.200 zu Pferde stellen. Mit großer Sicherheit waren darunter auch Buchenberger, denn es ist bekannt, dass im Februar 1812 dazu im Allgäu junge Männer von 20 und 21 Jahren ausgehoben wurden. Der Sammelpunkt von etwa 10.000 Italienern war Füssen, und auch die „Allgäuer Soldaten“ mussten sich dort einfinden.

Die „Große Armee“ wurde nahezu völlig vernichtet und nur wenige Soldaten sahen ihre Heimat wieder. Im Pfarrhof von Buchenberg sind auf zwei Ehrentafeln 42 Buchenberger verewigt, die während dieser kriegerischen Zeit ihr Leben verloren. Der letzte bekannte Eintrag bezüglich der Buchenberger Schützen-Compagnie stammt vom 26. Februar 1815. Dort heißt es in einem kleinen Nachsatz:

„NB: Am Freytag ist die Schützenmeß für Joseph Egger v. Kenels“ (= Kenels bei Schwarzerd).


Der Verstorbene war Mitglied der „Buchenberger Schützen-Compagnie“, die somit mindestens bis zum Jahr 1815 bestand. Vermutlich mit der nach-napoleonischen Ära und der politischen Neuordnung Europas durch den „Wiener Kongress“ anno 1815 endete auch die Schützen-Compagnie. Vorläufig bleibt es aber im Dunkel der Geschichte verborgen, wie es wirklich mit ihr weiterging; offensichtlich war bei der

Gründung des Zimmerstutzen-Schützenvereins im Jahr 1898 nichts mehr von einer Compagnie bekannt.



Die Buchenberger Schießstätte


Der Schießstättenbau fiel in den „weltlichen“ Aufgabenbereich des Fürststifts, und so ist aus den stiftkemptischen Archivalien des Staatsarchivs Augsburg über die Organisation der Musketiere von etwa 1732 bekannt, dass in Buchenberg eine eigene Schießstatt bestand.


Es gibt im Vermessungsamt Kempten einen auf Leinen gezeichneten Katasterplan um 1820, der auf der Basis viel älterer Karten erstellt worden ist. In diesem Plan ist am seinerzeitigen nördlichen Ortsrand, hinter der ehemaligen „Bären“-Wirtschaft, eindeutig eine Schießstätte eingezeichnet. Da bekanntermaßen die Schießstätten immer am Ortsrand waren und kaum verlegt wurden, ist anzunehmen, dass auch

die Buchenberger Schießstatt schon seit sehr langer Zeit dort bestand.


Nach heutiger Bezeichnung war die Schießstätte vom Emma-Hefele-Weg in Richtung Schulstraße. Geschossen wurde sozusagen „über den Betriebshof der Firma Landmaschinen Schießl“. Laut Katasterplan stand hinter dem „Bären“ ein kleines Häuschen als Schützenstand. Von diesem aus zeigen leicht nach außen führende gestrichelte Linien den Verlauf der Schussbahnen. An deren Ende sind zwei Schießscheiben

eingezeichnet und hinter diesen ist unzweifelhaft der mächtige Schießwall erkennbar.


Ausschnitt aus dem Katasterplan (Kopie) von 1820 mit handschriftlichen Eintragungen des Verfassers.


Nicht eingezeichnet, aber sicher vorhanden, war eine Deckung für den „Zieler“, ein sog. Zielerhäuschen oder wenigstens eine Holzwand. Dieser wichtige Mann hatte die Aufgabe, Treffer oder Fehlschüsse mit einer Art Kelle anzuzeigen und die Schusslöcher mit Holzstopfen wieder zu verschließen (eine Nummer auf dem Stopfen gab später den Namen des Schützen an). Er hatte darauf zu achten, dass kein Unterschleif geschehen konnte, denn schon immer war es beispielsweise strengstens verboten, zwei Kugeln gleichzeitig zu verschießen. Nach der damaligen Schützenordnung betrug die Entfernung zur Zielscheibe „120 Fuß“, das sind etwa 90 Meter, und so war dies auch bei der Buchenberger Schießstatt. Rings um die Schießstatt waren nur Weiden und ein Fußweg bzw. Viehtrieb zu den umliegenden Wiesen. Die „Hauptstraße“ durch Buchenberg, von Isny her kommend, bog beim Gasthaus „Bären“ auf der alten Römerstraße östlich in Richtung Kempten ab.


Der Kemptener akademische Maler Heinz Schubert fertigte nach den vorgenannten Plan-Vorgaben und in Absprache mit dem Verfasser der Chronik das Titelbild der Festschrift zum 100-jährigen Jubiläum des Vereins. Dargestellt wird ein frei erfundenes „Hochzeits-Fortel-Schießen“ mit einem festlich gekleideten Brautpaar rechts im Bild (die Schützen waren gemäß der stiftkemptischen Schützenordnung verpflichtet,

bei ihrer Heirat ein Hochzeitsschießen abzuhalten!). Ein Trommler und zwei Pfeifer spielen zu Ehren der Hochzeitsleute auf. Am Schießstand hinter und neben der Bärenwirtschaft herrscht bereits reges Leben. Dort versuchen die Ehrengäste und die Mitglieder  der „Buchenberger Schützen-Compagnie“ den von den Neuvermählten gestifteten „Hochzeits-Fortel“, einen Silberpokal, zu erringen.


Manches Späßchen steuert der bunt gewandete sog. „Pritschenmeister“ bei, dessen Aufgabe es ist, den korrekten Ablauf des Schießens zu gewährleisten. Kleinere Verfehlungen gegen die Schützenordnung oder Fehlschüsse „ahndet“ er mit einem Spottgedicht – oder es setzt zum allgemeinen Gaudium mit der

„Pritsche“, einer Holzklatsche, eins auf den Allerwertesten des „Unglücklichen“. Bei groben Verfehlungen hatte er die Aufgabe, Geldstrafen vom Schützen zu kassieren oder ggf. den Mann beim „Schützen-Directorio“ zu melden. Dieses Gremium konnte dann auch härtere, sehr deutlich

spürbare Strafen aussprechen.


In etwa so darf man sich ein Buchenberger Hochzeitsschießen anno 1783 vorstellen.

Das Originalbild befindet sich im Eigentum von Chronik-Verfasser Alfred Bickel.



Schlussbetrachtung zur „Schützen-Compagnie Buchenberg“


Nach Meinung von Archivrat Dr. Gerhard Immler waren die damaligen Schützenkompanien im „strengen   Sinn“ keine Vereine, sondern eine Art „Bürgermiliz“, organisiert nach dem Vorbild der „Tiroler Landmiliz“.

Da die Buchenberger Schützenkompanie immer wieder Messen für ihre verstorbenen Mitglieder lesen ließ, einen eigenen Jahrtag hatte und es möglich war, freiwilliges Mitglied zu werden, ist die Schlussfolgerung zulässig, dass sie über ein reines Zwangs- und Zweckbündnis hinaus ging.


Dr. Immler vergleicht sie mit den mittelalterlichen Zünften, bei denen Handwerker Mitglied sein mussten. Dennoch bildeten sich vereinsähnliche Strukturen mit Stiftung von Messen und Kerzen, mit Vorhandensein von Zunftkassen, Zunftladen, eigenständigem Schriftverkehr und anderem heraus.


Es ist unbestritten, dass es sich bei der Schützen-Compagnie Buchenberg um keinen „Sportverein“ gehandelt hat, dennoch dürfen wir annehmen, dass sich auch bei ihr mit der Zeit eine „vereinsmäßige“ Organisation und entsprechendes Brauchtum eingestellt haben. Die Führung einer Compagnie oblag mehreren Schützenmeistern. Aus stiftkemptischer Quelle wissen wir, dass die Schützen ein „Einschreib-

Geld“ bezahlen mussten, was einer Aufnahmegebühr gleichkommt.


Die Kompanien führten sogar eine eigene Kasse mit Kassenbuch, das „auf Martini“ (am 11.11.) zur jährlichen Revision dem „Schützen-Directorio“ vorgelegt werden musste. Den Schützen wurde zugestanden, Strafgelder für eine „Schützen-Zech zu applicieren“ (= verwenden).


Man kann sich gut vorstellen, dass die Männer nach den abgehaltenen Schießübungen noch in der nur wenige Meter entfernten „Bären-Würthschaft“ (so im Original) zusammengesessen sind und dabei sich auch eine gewisse Schützen-Kameradschaft herausgebildet hat.


Das Schützenwesen der Gemeinde Buchenberg kann auf eine sehr lange Tradition zurückblicken.  Es kann als sicher gelten, dass die Schützen-Compagnie von 1783 schon viele Jahre/Jahrzehnte zuvor bestanden hat. Die Buchenberger Schießstätte wurde bereits in einem fürstäbtlichen Hofrats-Protokoll um 1732 genannt. Ein genaues „Gründungsdatum“ der Compagnie anzugeben, wird jedoch voraussichtlich

niemals möglich sein, da es leider an den informierenden Quellen mangelt. Aber – sage niemals NIE.


***

Mein Dank

Ich bedanke mich bei allen, die mich beim „Nachforschen“ und mit Erklärungen stets sehr hilfsbereit unterstützten und mir zur Seite standen.

Ein besonders großer Dank gilt Herrn Pfarrer Herbert Loska, Archivrat Dr. Gerhard Immler, meiner Mutter Hermine Bickel und dem Katasteramt in Kempten.

Alfred Bickel

Share by: